Ötztaler Radmarathon 2013

Kurzinfos:

Streckenlänge: 230 km, 5235 HM
Schwierigkeit:ich lass die Zahlen sprechen
Profil:4 Anstiege, verbunden durch kaum langweilige Überführungspassagen

Ötztaler Radmarathon 2013 Höhenprofil

Der Ötztaler Radmarathon 2013 - angreifen wollte ich, meine Vorjahreszeit von 8:24h unterbieten. Dafür hatte ich monatelang gezielt trainiert. Unzählige Intervalleinheiten, einige Vorbereitungsrennen, viele Stunden im Kraftraum und mehrere Alpentouren sollten eigentlich für eine niedrige 8 Stunden, oder besser noch, für eine hohe 7 Stunden Zeit ausreichen. Doch ich nibbelte vollends am Jaufenpass ab, erholte mich davon im weiteren Verlauf nicht mehr und finishte den Ötztaler mit einer Zeit von 9:06:18. Zufriedenheit sah im ersten Moment anders aus.
Was habe ich falsch gemacht? Wo lag der Fehler? War ich zu schnell angegangen? War ich nicht ausreichend regeniert gewesen? Haben die 2 Wurzelbehandlungen in den beiden Wochen zuvor gesundheitlich doch mehr gemürbt als es schien? Woran lags? Mit etwas Abstand muss man sagen, Platz 239 Gesamt und 95 AK ist erstmal gar nicht soo schlecht. Und in Anbetracht der Wettersituation und der zahlreichen DNF`er eine doch ganz beachtliche Leistung - für sich gesehen. Auch das Event selbst, die überdurchschnittlich gute Orga, die herrligen Tage zuvor mit family sollten eigentlich genug Grund zur Freude bieten, die schlechte Platzierung jedoch, stellte zunächst erstmal alles andere in Schatten. Leistungstechnisch, und da bleibe ich dabei, wäre heute unter optimalen körperlichen und äußerlichen Bedingungen eine hohe 7 Stunden Zeit möglich gewesen. Aber nun mal der Reihe nach: Ötztaler Radmarathon Jan Ullrich

Bereits kurz nach 5 Uhr in der Früh stande ich zusammen mit 2 anderen Fahrern bei strömenden Regen als erster im Block 2 der Startaufstellung. Das frühe Aufstehen hatte sich also schon mal gelohnt, Sichtkontakt zur Spitze herrschte. Die Regenklamotten machten ihr Zeug. Die Vorfreude und Motivation ließen alles gar nicht so schlimm erscheinen - ans Aufgeben dachte ich keine Sekunde. Das sahen 1348 Fahrer wohl anders und traten gar nicht erst an.
Von 4700 Fahrern mit Startplatz waren nur noch 3352 übrig geblieben und ready to race in ihren Startblöcken.
Marko war auch wieder mit von der Partie und Schmullus kam mit Wechselkleidung gegen 6 Uhr angetrellert damit wir zumindest trocken über die Startlinie fahren konnten. Vata und Rico waren da bereits auf dem Weg nach Kühtai, bei car versteht sich. Vata war für die Übergabe des Verpflegungsbeutels zuständig und Rico für die Bilder. Somit war die komplette family ins Renngeschehen eingebunden. Jeder hatte seinen Platz und seine Aufgabe - so muss das sein. :-) Danke gleich mal an dieser Stelle an ALLE, hat alles wunderbar geklappt.
Ötztaler Radmarthon Start

Pünktlich 6:45 Uhr erfolgte der Start des 1. Blocks, etwa 20 Sekunden später wurden wir, der Block 2 auf die Strecke geschickt. Der während der Wartezeit mühsam trocken gehaltene Körper war nach wenigen Metern komplett durchnässt - Gemütlichkeit fühlt sich anders an. Aber egal, Vorstechen zum Block 1 und Sichtkontakt zur Spitze halten war die Devise. Gar nicht so einfach wenn man durch die Gicht des Vordermanns kaum was sieht, es bitter kalt ist, Rad an Rad mit teilweise 70 km/h und kaum funktionierenden Bremsen die Abfahrt runter donnert und somit eigentlich mit sich selbst genug zu tun hat. Aber irgendwie schaffte ich es dann doch vor zu kommen und überquerte als 7.!!! die erste Zeitmessung in Ötz am Fuße des Kühtaianstieges.
Fahrzeit bis Ötz: 0:37 h--->7. Platz--->127 Fahrer aufgegeben, 3211 Fahrer noch im Rennen
Ötztaler Radmarthon Labe

Zum Kühtai ging es dann eigentlich recht unspektakulär aber entschlossen hoch. Mein Garmin Edge 810 zeigte mir nur die reine Aufstiegszeit an - 1:08h vom Vorjahr galt es zu unterbieten. Ich realisierte gar nicht wie weit vorn im Feld ich mich befand. Mein Puls war unterhalb meiner AS und somit gut vertäglich, Die Höhenmeter purzelten. Ein paar Fahrer musste ich passieren lassen aber das war nicht weiter schlimm. Durch die Kälte und den Dauerregen verspürte ich allerdings kaum ein Durstgefühl und so hatte ich Mühe kurz vorm Verpflegungspunkt wenigstens eine Flasche leer zu haben um eine Neue aufnehmen zu können. Die Übergabe des Verpflegungsbeutels klappte eher suboptimal, ich ließ ihn erstmal souverän fallen, kam aus den Tritt und verlor erstmal gänzlichst den Anschluss an die vor mir liegenden Gruppe. Aber egal, nachdem ich die Banane mit Mühe noch im Hochfahren irgendiwe reingedrückt, die Cola am Pass schnell leergezutscht und die erste Labe somit wie geplant galant auslassen konnte, konnte ich mich mit Vollsprutz auf die Abfahrt begeben.
Fahrzeit für Kühtai: 1:06 h--->78. Platz-->8 min hinter der Spitze, 1 min hinter Ulle--->weitere 100 Fahrer aufgegeben, 3111 noch im Rennen
Ötztaler Radmarthon Auffahrt Kühtai

Bei Kälte, Regen und teils überschwemmten Straßen war hinunter ins Inntal höchste Konzentration gefordert. Mit teilweise knapp 90 km/h und halb zugeknifenen Augen ging es dem Inntal entgegen. Ich konnte wieder ein paar Plätze gut machen, erreichte aber die alles entscheidende Gruppe nicht mehr und musste auf dem Flachstück nach Innsbruck mit einem anderen Fahrer hart kämpfen um die Lücke zur Gruppe für den Brenneranstieg wieder zu schließen. Das gelang uns dann auch pünktlich in Innsbruck sodass wir uns nun schön bei der Führungsarbeit abwechseln konnten und den Brenner mit ordentlich Speed hochschnörbselten. Ich realisierte auch hier nicht, dass ich mich immernoch extrem weit vorn im Feld befand. Im Gegenteil, mir war es sogar teilweise zu langsam weil ich ausschließlich nur meine Bergfahrzeiten auf dem Display hatte und mit der des Vorjahres verglich - ein Fehler. Denn wir holten entlang des 38 Kilomter langen Antieges Gruppe für Gruppe ein und befanden uns allemann unter den Top 50. An der Labe am Brenner musste ich als einzigster meiner Gruppe anhalten um eine meiner Flaschen nachzufüllen und um mir 2 RedBulls einzustecken, essen hatte ich veregessen - ein weiterer Fehler. Der Regen hatte endgültig aufgehört
Fahrzeit für Brenner: 1:12 h--->30. Platz-->14 min hinter der Spitze,9 min vor Ulle--->weitere 589 Fahrer aufgegeben, 2522 noch im Rennen
Ötztaler Radmarthon Timmelsjoch

Die Abfahrt hinunter nach Sterzing nutze ich um etwas zu erholen denn ich merkte bereits wie sich Müdigkeit in meine Knochen einschlich. Am Anstieg zum Jaufenpass kam dann der berühmte Hammer den so ziemlich jeder Radsportfreund fürchtet und besser nicht begegnen sollte. Mein Puls ging kaum über 140 Schläge, meine Beine waren extrem müde und schwer und leichte Kopfschmerzen verspürte ich wenn ich den Kopf aufrecht hielt. Von wegen "Kopf nicht hängen lassen." -Nur so ließ sich mein brummender Schädel halbwegs gut ertragen. Mich überholte Fahrer für Fahrer, Gruppe für Gruppe. Ich fühlte mich schlecht und dachte ich bin bereits auf dem 1000. Platz gelandet. Ich hatte nur noch das Ziel irgendwie die Labe kurz vor der Passhöhe zu erreichen. Meine Übersetzung, 34-25, war für diesen Zustand definitiv zu schwer. Meine Trittfrequenz fiel teilweise unter 50 U/min was die Sache nicht unbedingt einfacher machte. Eine Zeitverbesserung schminkte ich mir ab. Nun galt es nur noch ohne komplettes Muskelversagen irgendwie durch zu kommen. So schnell ändert sich die Sichtweise - eben noch um Platzierung gefahren und nun einfach nur noch auf Ankommen. Was sich in dieser Stunde des quälenden Auftsieges alles im Kopf abspielte, lässt sich kaum in Worte fassen und würde hier wahrscheinlich auch den Speicherplatz meines Web-Dienstes sprengen. Nach gefühlten 5h erreichte ich endlich die Labe und haute mir den Bauch rigeros mit allen Leckereien voll. Neben Cola, Red Bull und Obst habe ich bestimmt ein halbes Blech Kuchen verdrückt. Nun war mein Zuckerspiegel halbwegs im normalen Bereich. Nach ausgiebiger Pause und sogar Pflege meiner Kette mit Öl gings die letzten Höhenmeter zum Jaufenpass wieder etwas flüssiger aber trotzdem viel zu langsam um noch was zu reißen.
Fahrzeit für Jaufen: 1:28 h--->183. Platz-->52 min hinter der Spitze,10 min hinter Ulle--->weitere 121 Fahrer aufgegeben, 2401 noch im Rennen
Ötztaler Radmarthon Abfahrt Timmelsjoch

Auf der ruppigen Abfahrt vom Jaufen hinunter zum Fuße des Endgegners, dem Timmelsjoch auf 2509m, konnte ich mich weiter etwas von den unendlichen Strapazen zum Jaufen hoch erholen und konnte mit halbwegs adäquaten Pulswerten den Endspurt angehen. Meine Übersetzung war nach wie vor zu schwer für meine Performance, jede Kurbelumdrehung tat irgendwie weh. In Moos musste ich noch einmal kurz pausieren und habe mich von den langen Handschuhen und meiner Regenjacke befreit. Nun endlich war es angenehm warm und der Ötztaler zeigte sich wieder mal von seiner guten Seite. Das änderte aber nur wenig an meinem Zustand. Die folgenden Kilometer zur nächsten Labe waren nicht weniger anstrengend aber mit dem Ziel vor Augen ging es irgendwie da hoch. Nach 800 teilweise steilen Höhenmetern war die vorletzte Labe in Schönau erreicht. Hier legte ich nochmals kurz Rast ein, versorgte mich mit Obst und füllte meine Flaschen ein letztes mal mit Cola. Diese Cola brachte mich dann die letzten 8 Kehren mit 700 HM hinauf zur Passhöhe. Ich konnte hier sogar schon wieder ein paar meiner Kontrahenten überholen was mich aber zu dem Zeitpunkt nicht weiter interessierte. Ich dachte ich bin platztechnisch sonstwo im Nirvana gelandet. Oben auf dem Timmelsjoch machte sich nun sogar mal wieder etwas Freude breit. Eine Abfahrt, ein kleiner Gegenanstieg - fertig für heute, dachte ich.
Fahrzeit fürs Timmelsjoch: 2:29 h--->255. Platz-->1:49 h hinter der Spitze, 50 min hinter Ulle
Ötztaler Radmarthon Timmelsjoch

Die Abfahrt ins Ziel verbrachte ich größtenteils im Windschatten. Möglichst schonend runter kommen war die Devise. Nach 9:06 h erreichte ich dann endlich das Ziel in Sölden. Dieses mal hielt sich meine Freude im Gegensatz zum letzten Jahr in Grenzen. Mir war noch nicht so ganz klar was überhaupt passiert war und woran es gelegen hat, dass ich so extrem eingegangen bin. Ich brauchte erstmal etwas Zeit um alles zu realisieren und auch zu analysieren.

Ich hatte den Ötzi wohl etwas unterschätzt.
Im Nachhinein betrachtet, war es ein Rennen unter extremsten Bedingungen mit viel Kälte und Nässe.
Ich hatte wahrscheinlich nicht ausreichend regeneriert, bin wohl das Rennen etwas zu schnell angegangen und habe noch dazu womöglich während dem Rennen zu wenig gegessen und getrunken.
Ich "musste" bis Innsbruck eine Lücke zu fahren und hatte für die Anstiege die falsche Übersetzung gewählt. - 34-25 ist zu hart wenns nicht mehr richtig läuft.
Fragen über Fragen, Gründe über Gründe.
Fazit: Es gibt unzählige Gründe für mein relativ schlechtes Ergebnis beim Ötztaler. Jeder dieser Gründe ist für sich gesehen nicht sonderlich schwerwiegend. Aber wenn eins zum anderen kommt, kommt dann genau so etwas dabei heraus. An mangelnder Vorbereitung und Training lag es aber meiner Ansicht nach nicht. Das Potential war da, nur nicht abrufbar - schlechten Tag erwischt. Beim Ötztaler muss alles passen. Den fährt man nicht mal so nebenbei mit einer Top Zeit zu Ende.
Ich hoffe nächstes Jahr wird wieder besser. Trotzdem wars ein herrliges Wochenende mit, bis auf 4h beim Ötztaler, schönem Wetter. Man kann halt nicht alles haben. Hier noch meine Zeiten vom Ötzi.

© copyright by Frank Marschler alias Racing Mokkasin the real Col-Vernichter
Letzte Änderung: 02.01.15