Well done, würde ich abschließend antworten, wenn man mich nach dem Fazit meiner Neuseeland – Südinsel Durchquerung fragen würde. Denn entgegen aller Planung mit um die 3500 Kilometer habe ich hier stolze 4831 km abgespult. Dabei geht es mir nicht um die Distanz als solche, sondern vielmehr darum, dass diese Zahl zeigt, dass ich hier wirklich in viele Ecken der Insel vorgestoßen und genau wie geplant, nicht bloß täglich schnellstmöglich von A nach B gedüst bin.
Ich habe das Abenteuer entscheiden lassen wo es hin geht, wo ich länger bleiben will, welchen Umweg ich fahre und wie weit es jeden Tag gehen soll. Herausgekommen sind 75 Tage mit unzähligen Erlebnissen, Eindrücken und Bekanntschaften. Bis auf die letzten Kilometer im Sattel war es zu keiner Zeit richtig langweilig und öde. Dass, es zum Schluss etwas zäh wurde, ist glaube normal wenn man Tag für Tag im Sattel sitzt, Tag für Tag früh das Zelt abbaut, am Abend wieder aufbaut und somit eine Art Alltag einkehrt.
Dieses Gefühl der Eintönigkeit ereilte mich zum Glück erst kurz bevor ich Picton, die letzte Station meiner Südinseldurchquerung, erreicht hatte.
Es lag also auf der Hand was zu tun war: Ich brauchte Urlaub – Urlaub vom Urlaub. Aber wie sollte das Aussehen und würde meine Abenteuerlust nach ein paar freien Tagen tatsächlich wiederkehren? Ich war mir nicht sicher und hielt alles offen, verbannte mein Bike in den Schuppen des Campsites und lieh mir ein Auto für die nächsten Tage.
Ich wechselte also die Seiten, vom Radfahrer zum Autofahrer, und war gespannt wie es sich anfühlen würde, plötzlich völlig flexibel zu sein und jedes Ziel innerhalb kürzester Zeit erreichen zu können, ohne auch nur im Geringsten das Gefühl von „in the middle of nowhere zu sein“ zu haben.
Bereits nach den ersten 90 Kilometern war mir klar, dass ich in den letzten Tagen, bzw. Wochen und Monaten alles richtig gemacht habe. Autofahren war voll langweilig. Ich schlief sogar fast ein am Steuer während ich durch eigentlich schöne Landschaft fuhr. Aber im Auto bekommt man das alles gar nicht richtig mit und ist nur auf das eigentliche Ziel fixiert. Da geht es meist nur darum, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten und darum, die Kurve, die irgendwann mal nach einigen Kilometern kommen wird, nicht zu verpassen.
So eierte ich also durch die Gegend, hielt im Touri – Style an den Hot-Spots an, machte standardmäßig paar Beweisfotos und setzte meine Fahrt relativ unbeeindruckt fort. Die Erfüllung war das keineswegs. Ich stellte mir vor, was ich während den 90 Kilometern alles auf dem Fahrrad erlebt und für Leute getroffen hätte und was ich für Gedanken gehabt hätte und für „Probleme“ hätte lösen müssen.
Auf dem Weg ins unscheinbare Takaka z.B., traf ich auf Hans Bauer. „Aha, WTF is Hans Bauer?“, werdet ihr jetzt fragen. Hans Bauer ist der Vater von Jack Bauer, einem aktiven Profiradsportler vom Team Cannondale, ehemals Garmin Sharp. Wir erzählten während wir gemeinsam zusammen weiter fuhren und er lud mich schließlich zu sich nach Hause ein, wo ich dann natürlich am nächsten Tag auch aufschlug und beeindruckt war von seinem Anwesen mitten „in the middle of nowhere“. Hans betreibt eine pottery und hat offenbar seinen Traum erfüllt, den er wohl vor 37 Jahren als er hier hin auswanderte, hatte.
Solche und noch viele andere coole Bekanntschaften hätte ich by car mit Sicherheit nicht gemacht.
Mit dem Auto konzentriert sich alles auf die paar Minuten an irgendwelchen Aussichtspunkten, die man allesamt gar nicht mehr zu schätzen weiß weil man sie mit links erreicht hat.
Trotzdem war diese Art von Urlaub jetzt genau das, was ich brauchte. Einfach rumsitzen, gucken und nichts tun – das war es.
Nach gut 300 Kilometern herum cruisen, war ich am Abend mit Mo, Kay und Mats in deren herrlichen Ferienwohnung in Nelson verabredet. Nachdem wir an ihrem Spezialstrand direkt an der Mainstreet baden waren, ließen wir gemeinsam bei leckerem Essen den Abend gemütlich ausklingen.
Als weiteres Highlite meiner „Auszeit vom Biken“ war Kajacking im Abel Tasman National Park zusammen mit Mo. Wir schibberten gemütlich von Bucht zu Bucht, konnten sogar 2 Seelöwen sehen und asselten an fast einsamen kleinen Stränden gemütlich ab ehe wir den Tag mit den besten Burgern ever besiegelten (Sorry Bari, wobei Deine sind sehr sehr nah dran. 😉 ).
Nun, nachdem ich die letzten Tage in netter, unterhaltsamer und abwechslungsreicher Gesellschaft verbracht habe, ist auch wieder meine Reisefieber aufgeflammt. Ich kann es kaum erwarten, endlich auf die Fähre zu kommen und nach Wellington über zu setzen um von dort aus die Nordinsel unter meiner 2 Räder zu nehmen.
Es fühlt sich so an, als geht das Abenteuer erneut los. Alle Batterien sind geladen, das Bike ist abfahrtsbereit und ich halbwegs erholt von den letzten sehr anstrengenden Tagen in den Marlborough Sounds.
Unfassbar, wenn ich mir überlege was ich alles in den letzten Wochen und Monaten erlebt habe. 75 Tage mit unendlich vielen Eindrücken, vielen netten Menschen mit denen ich erzählt, den Abend zusammen verbracht, ja sogar Tage lang zusammen gefahren bin. Tausende Kilometer on the road Neuseelands. All das war „nur“ ein Bruchteil von dem, was noch kommen möge. Herrlig!
Thema „unberührte“ Natur Neuseelands:
Immer wieder habe ich in den letzten Beiträgen und Posts von unberührter Natur gesprochen. Jetzt, nach über 2 Monaten in diesem Land, jetzt wo die anfängliche Euphorie in einem Land sein zu können was einst als unerreichbar galt, jetzt habe ich realisiert, dass dieses Land keineswegs unberührt ist. Es ist alles andere aber nicht unberührt.
Jeder noch so kleine Pfad auf einen Berg oder zu einer Sehenswürdigkeit ist fein zurecht gemacht und vorbildlich beschildert. Jede Schotterstraße wird regelmäßig planiert um den Massen an Touristen standhalten zu können. Jedes Stück Wiese oder Freifläche ist eingezäunt und wird als Weide genutzt. Irgendwelche speziellen Bäume, Sträucher, Flüsse, Quellen, Höhlen, Felsen, Buchten, Strände, Berge, Wege, Straßen, Tiere werden fein säuberlich hergerichtet, mit Wegweisern und Infotafeln beschriftet und so der breiten Masse präsentiert. Neuseeland ist nahezu zu 100 % auf den Tourismus ausgerichtet.
In jedem größeren Ort gibt es ein Informationszentrum, die sogenannten I – Sites, wo man sich Infos zu Sehenswürdigkeiten, Unterkünften und Touren holen kann. Überall, selbst manchmal „in the middle of nowhere“ gibt es Toiletten und Dump – Stations. „Free – Camping is generally permitted.“ steht auf einem Informationsblatt ganz oben als erster Satz.
Neuseeland ist, wenn man so will, Spielwiese für uns Outdooraktivisten und im Grunde, bis auf ein paar Ausnahmen, ein riesengroßer Campingplatz. Genau das macht es aber auch so interessant und nahezu unerschöpflich was die Möglichkeiten an Freizeitaktivitäten angeht.
Mit „unberührter Natur“ meinte ich vielmehr, dass es schon mal paar Tage dauern kann, ehe man by bike die nächste Siedlung erreicht. Mit 4,6 Millionen Einwohnern ist dieses Land wahrhaft eines der dünner besiedelten Länder. Wenn man dann bedenkt, dass davon nur gut 1 Millionen Menschen auf der größeren Südinsel leben und weitere ca. 1,3 Millionen in Auckland, ist klar, wieso ich so oft von „unberührt“ gesprochen habe. „Unbesiedelt“ trifft es also schon eher.
In diesem Sinne: Nächster Halt, Wellington, Nordinsel Neuseeland. Das Abenteuer geht weiter!
Keep smiling! 🙂
Euer Musch
Es ist Samstag und eigentlich, aber nur eigentlich lese ich jetzt die Tageszeitung ..heute nicht, ich bin auf deinem Blog. ;-)))))
Sprachlos, fasziniert, so viel kleine Geschichten in der Geschichte, inhaltlich so gefüllt, da frage ich mich schon, wie schwer dein „Gepäck“ in Sachen einzigartige unvergessliche Erlebnisse jetzt schon ist….und wie Du das immer in Worte fasst, ich bin jedes Mal „mittendrin“ und fühle mich um so Manches besser, ich danke Dir und kann es nicht oft genug schreiben, dafür, dass ich hier teilhaben darf. Alles Gute für Teil 2.
Lieber Gruß vom Pfarrhof
Kerstin & Jörg
Na das freut mich aber, dass ich sogar der Tageszeitung vorgezogen werde, respektive mein BLOG. 😉
Danke für den wieder tollen Bericht. Meinem Vorredner ist nichts hinzuzufügen. Du findest immer die richtigen Worte. Alle die ich kenne und die deine Berichte lesen sind fasziniert. Für Omi drucke ich sie aus, da ist sie immer stolz wie Oskar?. Ich wünsche dir für die kommende Zeit viel Spaß, Freude und sei weiterhin so neugierig.
Liebe Grüße von Schmull
Thaaanx! Und Gruß an Omski zurück!
Ja mein Freund den Lobeshymnen von Kerstin und Jörg sind wahrlich nicht mehr viel hinzuzufügen außer das du ein immer besserer Tierfotograf wirst zB. Ente im Landeanflug oder Möwenattacke oder Schaf das hinterm Hügel vor guckt oder oder oder….Respekt auch vor der sportlichen Leistung die du in der Zeit an Tag gelegt hast. Vielen Dank für deine Karte die Ende Februar ihr Ziel erreicht hat, über die ich mich sehr gefreut habe, ach ja und xyz = Quentin da mußte ich auch gut feiern. In diesem Sinne ? und viel Spaß und Freude weiterhin. Ich freue mich schon auf die Nordinsel.
See you?
Moin Moin!
Ja, die Nordinsel. Bisher ist sie von starken Wind und Farmland soweit das Auge reicht, geprägt. Hoffe das wird noch besser ansonsten mach ich die Biege. Es ist wie ichs fast vermutet habe: Es wird schwer die herrliche Südinsel zu toppen.
Da hast du wieder prima berichtet. Besten Dank. Ich bin immer ganz gespannt auf deine Fotos und Gedanken!
imkerliche Grüße :-))
Jürgen
Hi Jürgen,
Schön, wenn Du Freude daran hast. Leider habe ich bisher aber noch keine weiteren imkerlichen Fakten in Erfahrung bringen können. Es ist wie immer: Wenn man etwas sucht oder auf etwas wartet, kommt es nicht. 😉
Fantastisch deine Bilder und diese Eindrücke,die du Erlebst?weiter so!
Grüße aus der Heimat
Liebe Grüße von deinen Campingnachbarn an der CableBay
Ha, cool! Jetzt musst ich echt erstmal kurz überlegen, Wo, Wer, Wie, Was. Bei den vielen Tagen glaube normal. Schön, dass ihr den Weg auf meine Seite gefunden habt. ?
Ich glaube ihr seid längst schon wieder zu hause, stimmts?!
Viele Grüße von der busy Nordinsel
Frank